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1. Deutsches Lesebuch für kaufmännische Fortbildungsschulen und verwandte Anstalten - S. 20

1905 - München [u.a.] : Oldenbourg
20 15. Abschieds Worte eines Vaters an seinen Sohn. träumen wird selten das, was wir in ihnen träumen: das weiß ich an meinem eigenen Beispiel. Vor allem ist die Jugendsorge die unnützeste von allen. Die Welt ist anders, als sie sich der Jüngling denkt. Tausend Springfedern, die er nicht kennt, tausend Quellen, die er nicht vermutet, springen und wirken da zu ihrer Zeit und meistens unerwartet. Sei also fröhlich und guten Mutes! Lerne, sei artig und gefällig! Gott wird für Dich sorgen. Brüte ja nicht über Dich selber! Bald hoffe ich Dir über Deine Bestimmung mehr schreiben zu können, aber nicht zu bald. Man muß Jahre nicht überspringen, sondern mit ihnen fortgehen und sich auf die Zukunft wie auf ein weites Feld der Saat und Ernte bereiten. Tu das, lieber August, und schreibe uns öfter! Schließe Dein gutes Herz auf und lebe zuweilen in unserem Kreise! Ich lese Deine Briefe so gern. — Lebe wohl, lieber August! Ich küsse Dir Deine liebe Stirn. Lebe herzlich vergnügt und wohl! Dein treuer Vater Gottfried Herder. 15. Abschiedsworte eines Vaters an seinen Sohn. 1. Du wanderst in die Welt hinaus Auf dir noch fremden Wegen; Doch folgt dir aus dem stillen Haus Der treusten Liebe Segen. 2. Ein Ende nahm das leichte Spiel, Es naht der Ernst des Lebens; Behalt im Auge fest dein Ziel, Geh keinen Schritt vergebens! 3. Gerader Weg, gerades Wort, So will's dem Mann gebühren; Wer Ehre sich erwählt zum Hort, Den kann kein Schalk verführen. 4. Nimm auf die Schultern Last und Müh' Mit frohem Gottvertrauen! Und lerne, wirkend spät und früh, Den eignen Herd dir bauen! 5. Halt hoch das Haupt, was dir auch droht, Und werde nie zum Knechte! Brich mit dem Armen gern dein Brot Und wahre seine Rechte! 6. Treib nicht mit heil'gen Dingen Spott Und ehre fremden Glauben Und laß dir deinen Herrn und Gott Bon keinem Zweifler rauben! 7. Und nun, ein letzter Druck der Hand Und eine letzte Bitte: Halt dich getreu im fremden Land Zu deines Volles Sitte! Swrm.

2. Deutsches Lesebuch für kaufmännische Fortbildungsschulen und verwandte Anstalten - S. 22

1905 - München [u.a.] : Oldenbourg
22 18. Liebet eure Feinde! kam von dem andern Freunde eiligst ein Bote mit einem Schreiben an, worin ihn derselbe dringend bat ihm umgehend so viel Geld zu schicken, als er nur irgend entbehren könnte. „Der ist in größerer Verlegenheit als ich", dachte der Treuherzige und ohne sich lange zu besinnen nahm er den noch ver- siegelten Beutel und schickte ihn dem Freunde. Aber schon am späten Abend des folgenden Tages trat jener erste Freund zu ihm herein, von dem er selber das Geld geliehen hatte, und über- reichte ihm den nämlichen Beutel, von dem er glaubte, daß ihn der andere Freund kaum empfangen habe. „Du siehst," sprach der späte Gast, „warum ich gekommen bin; der Beutel ist in demselben versiegelten Zustande, worin ich ihn dir geschickt habe, wieder an mich zurückgekommen. Ich habe diesen wunderbaren Verlauf nicht begreifen können und Mißte zu dir eilen um Aufschluß zu erhalten; ich bitte dich, sage mir aufrichtig, was du mit dem Beutel angefangen hast." — „Zürne mir nicht!" antwortete der Gefragte; „ich hatte den Beutel noch nicht erbrochen, als unser beiderseitiger Freund mich durch einen Boten sehr dringend um Geld bat." — „O," unterbrach ihn freudig der andere, „nun ist alles klar! Ich hatte dir meine ganze Bar- schaft geschickt und schrieb, um nicht selber in Verlegenheit zu kommen, sogleich an unsern Freund, daß er mir einiges Geld leihen möge, wenn er es recht gut entbehren könne. Du siehst, daß er selber keines vorrätig gehabt, und weißt aus seiner Bitte, wie treu und eilig er gesorgt hat. Nimm das Geld und gebrauche es; denn du hattest es ja doch am nötigsten. Und wie können wir in große Not kommen, da wir so zusammenhalten! Morgen aber in aller Frühe wollen wir aufbrechen und zu unserem gemeinsamen Freund eilen!" Bones Lesebuch. 18. Liebet eure Jeinde! In einem Walde des westlichen Rußlands lebte ein wackerer Förster mit seinem jungen Weibe, zwei holden Kindern und einigen Jägerburschen in glücklicher Abgeschiedenheit. Auch zu ihnen war schon die Kunde von den traurigen Verheerungen gekommen, welche die Cholera in den östlichen Teilen des Landes anrichtete und wie sie immer nach Westen vordränge. Schon hatte deshalb der Förster in der nächsten Stadt sich Verhaltungsmaßregeln geben lassen, auch einige Arzneien eingekauft, als eines Nachmittags ein Jägerbursche die Botschaft bringt, daß in dem nächsten Dorfe die Cholera in ihrer ganzen Furchtbarkeit ausgebrochen und bereits eine Menge Bewohner der Krankheit erlegen sei. Schnell beschließt nun der kleine Familienrat, jede Verbindung mit dem angesteckten Dorf aufs strengste zu vermeiden und aus die Annäherung jedes Fremden ein wachsames Auge zu haben. So kommt der Abend. Die Mutter bettet ihre Kleinen zur nächtlichen Ruhe und rückt sich einen Sessel an die Seite des Gatten, um mit ihm noch manche häusliche An- gelegenheit zu besprechen. Da schlagen die Hunde an und der eintretende Jäger meldet: „Draußen ist der Müller vom benachbarten Dorfe; er flieht

3. Deutsches Lesebuch für kaufmännische Fortbildungsschulen und verwandte Anstalten - S. 24

1905 - München [u.a.] : Oldenbourg
24 19. Achtung vor dem Alter. ein gräßliches Lächeln tim die blauen Lippen zuckt. Jetzt fährt er vom Lager auf, und von Gewissensbissen gefoltert, ruft er aus: „Werft mich hinaus in die Waldeinsamkeit! Ein Ungeheuer, wie in der Wüste nicht seinesgleichen ist, beherbergt und Pflegt ihr. Ich witßte wohl, daß ich von der verzehrenden Krankheit ergriffen war; deshalb rannte ich rachedürstend hierher, durch meinen Tod euch alle zu verderben! Du furchtbarer Richter, ist denn kein Erbarmen vor dir?" Und ganz erschöpft sinkt der Müller auf sein Lager zurück. Mit gefalteten Händen, den Blick zum Himmel gerichtet, steht der Förster da und fein Weib. Aber der ewige Richter winkt dem Todesengel, daß er vorübergehe an dem Hause des Gerechten. In tiefen Schlaf sinkt der Kranke und heftiger Schweiß drängt aus seinen Poren. Als er erwacht, sieht er seine wackeren Wirte in liebevoller Tätigkeit um sich. Was er seit langem nicht mehr getan, er betet. Dann drückt er die Hände der Edlen an seine Brust und die Tränen der Versöhnung, des Dankes und der Liebe fließen reichlich; nach wenigen Tagen verläßt der Miiller das Krankenlager genesen, gerettet für das Himmelreich. Slüymer. 19. Achtung vor dem Atter. Wer das Alter nicht ehrt, Ist des Alters nicht wert. Das Alter ist eine schöne Krone; man sindet sie aber nur auf dem Wege der Mäßigkeit, der Gerechtigkeit und der Weisheit. Im alten Sparta gab es ein Gesetz, wonach die Jünglinge bei Ankunft eines Greises ausstehen, wenn er sprach, schweigen, lvenn er ihnen auf der Straße begegnete, ihm aus dem Wege gehen mußten. Alexander der Große, um welchen die reichsten Glücksgüter sich vereinigten ihn stolz zu machen, wußte dennoch im Angesichte des Alters sich zu demütigen. Als ihn einst aus seiner Siegesbahn Frost und Schnee aufhielten, ließ er ein Feuer anzünden und setzte sich auf seinen königlichen Sessel um sich zu lvürmen. Da erblickte er unter seinen Kriegern einen vom Alter niedergebeugten Mann, der vor Kälte zitterte. Sogleich sprang er zu ihm hin, nahm den Greis bei der Hand und setzte ihn auf seinen eigenen Stuhl. „Es gibt keinen bösen Menschen," sagt der italienische Jugend- schriftsteller Parini, „wenn es nicht ein solcher ist, der gegen das Alter und das Unglück unehrerbietig ist." Eines Tages zürnte er einem Jüng- ling, den man wegen eines schweren Vergehens bei ihm angeklagt hatte. Zufällig begegnete er ihm auf der Straße, als derselbe gerade einen alten Mönch führte und um Hilfe gegen einige Buben rief, die ihn des- halb verspotteten und verfolgten. Parini eilte auf den Jüngling zu, nahm ihn in seine Arme und sprach: „Vor einem Augenblicke noch hielt

4. Deutsches Lesebuch für kaufmännische Fortbildungsschulen und verwandte Anstalten - S. 26

1905 - München [u.a.] : Oldenbourg
26 21. Sei hilfreich in der Not! mit einer Nachbarin und hatte deshalb ihrer Ware den Rücken zugekehrt. Da kam mir der Gedanke einen einzigen Apfel heimlich zu nehmen; ich dachte, die Frau behielte ja trotzdem noch eine große Menge. Leise streckte ich meine Hand aus twd wollte eben ganz vorsichtig meine Beute in die Tasche stecken, da bekam ich eine derbe Ohrfeige, so daß ich vor Schrecken den Apfel fallen ließ. „Junge!" sagte zugleich der Mann, der mir die Ohrfeige gegeben hatte, „wie heißt das siebente Gebot? Nun ich hoffe, daß du zum ersten Male dagegen sündigst; laß es zu- gleich das letzte Mal sein!" — Vor Scham wagte ich kaum die Augen aufzuschlagen; trotzdem ist mir das Antlitz jenes Mannes unvergeßlich geblieben. — In der Schule war ich anfangs sehr unaufmerksam; ich glaubte immer noch von neuem die Worte zu hören: „Laß es das letzte Mal sein!" Und ich nahm mir fest vor: „Ja, es soll gewiß das erste und letzte Mal sein." Aber auch lange nachher, wenn ich aus dem Katechismus das siebente Gebot aufsagen sollte, dachte ich mit heftigem Herzklopfen an jenen Morgen. Als ich nach einigen Jahren die Schule verließ, ward ich Lehrling bei einem Kaufmann in Bremen; von dort ging ich später nach Südamerika. Hier kam ich wohl manchmal in Ver- suchung, in Kaufmannsgeschäften andere zu betrügen und so die Hand nach fremdem Gut auszustrecken; aber dann ward es mir immer, als fühlte ich von neuem die Ohrfeige, und ich erinnerte mich der Worte: „Laß es zugleich das letzte Mal fein!" So bin ich ehrlich geblieben und in dem Vermögen, welches ich mit herübergebracht habe, ist kein Pfennig unrechten Gutes. Gott sei dafür gelobt!" So erzählte der junge Mann; dann aber ergriff er die Hand des Herrn Müller und sagte: „Darf ich nun diese Hand, die mir eine solche Wohltat erwiesen hat, recht dankbar drücken?" Oldenburger Volksbote. 21. Sei Hilfreich in der Mol! Wer übertrifft den Mann, der stets sich mild gezeigt? Der, welcher Wohltat übt und es zugleich verschweigt. Hagedorn. Vertrau'auf Gott, Sei stark in Not, Gib Armen Brot, Bedenk den Tod! — Mann mit zugeknöpften Taschen, Dir tut niemand was zulieb; Hand wird nur von Hand gewaschen, Wenn du nehmen willst, so gib! Goethe. Jli einem braunschweigischen Städtchen brach eines Tages Feuer aus. Die Flamme hatte das Dach eines Hauses ergriffen und näherte sich einem Boden, auf welchem einige Fässer Pulver standen. Die Ge- fahr war groß, und da dieser Umstand schnell bekannt geworden war, wollte niemand zum Löschen heran. Endlich stürzte ein Taglöhner, der in dem gefährlichen Hause zu arbeiten pflegte, auf den Boden, rollte

5. Deutsches Lesebuch für kaufmännische Fortbildungsschulen und verwandte Anstalten - S. 32

1905 - München [u.a.] : Oldenbourg
32 26. Das Loch ini Ärmel. Schreiben und Rechnen geübten Lehrburschen/ Der Krämer Prüfte uns; dann gab er mir den Vorzug. Meine alten Kleider waren heil und sauber; Albrecht im Sonntagsrock ließ Nachlässigkeiten sehen. Das sagte mir der Herr Prinzipal nachher. „Ich sehe Ihm an," sagte er, „Er- hält das Seine zu Rat; aus dem anderen gibt's keinen Kaufmann." Da dachte ich wieder an den alten Herrn und an das Loch im Ärmel. Ich merkte wohl, ich hatte in anderen Dingen, in meinen Kennt- nissen, in meinem Betragen, in meinen Neigungen, noch manches Loch im Ärmel. Zwei Nadelstiche zu rechter Zeit bessern alles ohne Mühe, ohne Kunst. Man lasse nur das Loch nicht größer werden; sonst braucht man für das Kleid den Schneider, für die Gesundheit den Arzt, für die moralischen Löcher die strafende Obrigkeit. — Es gibt nichts Unbedeuten- des und Gleichgültiges weder im Guten noch im Bösen. Wer das glaubt, kennt sich und das Leben nicht. Mein Prinzipal hatte auch ein ab- scheuliches Loch im Ärmel, nämlich er war rechthaberisch, zänkisch, despo- tisch, launenhaft; das brachte mir oft Verdruß. Ich widersprach; da gab's Zank. Holla! dachte ich, es könnte ein Loch im Ärmel geben und ich ein Zänker und gallsüchtig und unverträglich wie der Herr Prinzipal werden. Von Stunde an ließ ich den Mann recht haben; ich begnügte mich recht zu tun und bewahrte meinerseits den Frieden. Als ich ausgelernt hatte, trat ich in ein anderes Geschäft. Gewöhnt, mit wenigen Bedürfnissen des Scbenö froh zu sein (denn wer viel hat, ist nie ganz froh), sparte ich manches. Gewöhnt, mir kein Loch im Ärmel zu verzeihen, schonend aber über dasjenige an fremden Ärmeln wegzu- sehen, war alle Welt mit mir zufrieden wie ich mit aller Welt. — So hatte ich bestänndig Freunde, beständig Beistand, Zutrauen, Geschäfte. Gott gab Segen. Der Segen liegt im Rechtdenken und Rechttun wie im Nußkern der fruchttragende hohe Baum. So wuchs mein Vermögen. Wozu denn? fragte ich; du brauchst ja nicht den zwanzigsten Teil davon. — Prunk damit treiben vor den Leuten? — Das ist Torheit. — Soll ich in meinen alten Tagen noch ein Loch im Ärmel aufweisen? — Hilf andern, wie dir Gott durch andere geholfen! Dabei bleibt's. Das höchste Gut, das der Reichtum gewährt, ist zuletzt Unabhängigkeit von den Launen der Leute und ein großer Wirkungskreis. — Jetzt, Konrad, gehe auf die hohe Schule, lerne etwas Rechtes; denke an den Mann mit der schneeweißen Perücke; hüte dich vor den: ersten kleinen Loch im Ärmel; mach's nicht wie mein Kamerad Albrecht! Er ward zuletzt Soldat und wurde in Amerika totgeschossen. Zschone.

6. Deutsches Lesebuch für kaufmännische Fortbildungsschulen und verwandte Anstalten - S. 35

1905 - München [u.a.] : Oldenbourg
35 30. Sei verträglich! — 31. Bücke dich! zu tragen oder zu vergeuden und zu verlieren. Von allen diesen Feindinnen des Lebens hinweg, ihr Jünglinge! — lernet leben, gesund, würdig und glücklich leben! Herder. 30. Sei verträglich! Hans war bereits ein Jahr bet dem Kausmann Wilbrand in der Lehre; zwar hatte er Lust und Liebe zum Kaufmannstand; doch verrichtete er gar manche Arbeit nur mit Unwillen und wollte sich nicht an Gehorsam und Pünktlichkeit gewöhnen, deshalb zog er sich gar oft Tadel und Strafe zu. — Da nahm Wilbrand noch einen weiteren Lehrling an, einen gutmütigen und fleißigen Knaben, namens August. Sofort suchte Haus diesem alle lästigen Arbeiten zuzuschieben und alles Unangenehme auf dessen Schultern abzuladen; zudem neckte und verspottete er August, wo und wie er nur konnte, und tat ihm gar manches Schlimme an. Dieser aber ertrug alles geduldig und murrte nicht, wenn er von dem Prinzipal oder den Kommis gescholten wurde wegen einer Ungeschicklichkeit, die Hans begangen hatte; trotzdem fiel auch für letzteren, da er immer nachlässiger wurde, noch manches Wort des Tadels und der Warnung ab; dafür rächte er sich wieder au August, wenn sie abends in ihrem Kämmerlein waren. Trotz der Geduld und der Nachgiebigkeit Augusts war ein beständiger Hader im Laden und in der Schreibstube; nichts ging vorwärts und unzufrieden schalten Prinzipal und Gehilfen die beiden Lehrjungen. Da erkrankte Haus nicht unbedenklich. Auf seine und Augusts Bitten ließ Wilbrand den Kranken nicht in das Krankenhaus verbringen, sondern in seinem Hause verpflegen. Da hättest du nun sehen sollen, mit welch hin- gebender Liebe sich August des erkrankten Kameraden annahm! Jeden freien Augenblick brachte er an dem Krankenbette zu; halbe Nächte wachte er bei dem Kranken, suchte ihm soviel als möglich Linderung zu verschaffen und kaufte ihm von seinen ersparten Pfennigen, was ihm Freude bereiten konnte. Darüber war Hans tief gerührt; er überdachte die mancherlei Unbilden, die er August zugefügt und wofür sich dieser in so edler Weise rächte. Als er nach einigen Wochen genesen war und seine Arbeit wieder aufnehmen konnte, war er wie umgewandelt. Freudig unterzog er sich jedem Auftrag, stand August bei seinen Beschäftigungen mit Rat und Tat bei und lebte mit ihm in innigster Eintracht. Und siehe, die Arbeit ging noch einmal so rasch und leicht vonstatten! Friede und Freude herrschte im Geschäft und die Gehilfen lobten die beiden eifrigen, verträglichen Lehrlinge. Der Prinzipal aber nahm am Feierabend die Knaben bei den Händen und sprach mit ernster Stimme: „Seht ihr, wie jetzt alles so gut und friedlich geht, während früher nichts vorwärts ging! Das kommt von eurer Verträglichkeit und eurer gegenseitigen Hilfeleistung. Merkt euch daher für euer ganzes Leben das Sprichworts Einigkeit macht stark." Lößl. 31. Bücke dich! Als der berühmte Benjamin Franklin noch ein Jüngling von 18 Jahren war, besuchte er einst den Prediger Mather in Boston. Dieser nahm ihn sehr liebreich auf und führte ihn beim Weggehen einen kürzeren Weg aus seinem Hause. Die Nebentür aber war so niedrig, dass ein erwachsener Mensch sich 3*

7. Deutsches Lesebuch für kaufmännische Fortbildungsschulen und verwandte Anstalten - S. 38

1905 - München [u.a.] : Oldenbourg
38 34. Anstand. Platz an, den ich ihr freundlich bat, und dankbar rühmte sie daheim ihrem Manne die Höflichkeit eines Unbekannten, wie ich später zufällig erfuhr. Wie oft hatte ich Gelegenheit Fremden den Weg zu weisen! Was nutzt das viele Beschreiben, dachte ich, du gehst selbst eine Strecke mit. Und wie dankbar freundlich nahmen es die Leute an und wollten gar nicht glauben, daß ein Mensch dem andern so hilfreich uneigennützige Dienste leisten könne! Was dann einer im Orte tut, das wird der ganzen Gemeinde zugerechnet und die Fremden sagen daheim und wohin sie sonst kommen: „In N. gibt es höf- liche Leute wie nirgend!" Und bringt solche Höflichkeit auch keinen unmittel- baren Nutzen, ■— denn wenn man sie sich bezahlen läßt, so ist es keine Ge- fälligkeit und Höflichkeit mehr — so bringt sie doch Land und Ort in guten Ruf. Auch kommt wohl einmal eine Gelegenheit, bei der dir die Gefällig- keit unerwartet vergolten wird. So ging es mir z. B. mit der Frau, der ich beim Kirchenkonzert meinen Platz abtrat. Ich hatte viele Jahre darauf in der Residenz in Gemeindeangelegenheiten zu tun; dabei sollte und mußte ich mit der höchsten Landesbehörde selbst Verkehren. Du lieber Himmel! wenn unsereiner in eine so große Stadt kommt, sieht er den Wald vor lauter Bäumen nicht, weiß nicht, wo aus noch ein. Da stand ich auf der großen Schloßstraße und gaffte die hohen Häuser an und sann, wie ich's ansangen sollte um vor die rechte Schmiede zu kommen. Auf einmal ruft eine weib- liche Stimme: „He, lieber Mann, was fuchen Sie denn?" Ich sehe auf und — wunderbar — es war die Frau vom Kirchenkonzert. Ehe ich noch den Hut recht abgezogen hatte, stand schon ein Dienstmädchen neben mir, das mich einlud hinauf ins Zimmer zu kommen. Daß ich es kurz mache! Hier war ich an die rechte Schmiede gekommen. Der Mann der Frau wies mir die Wege, gab mir Rat und — meine Angelegenheit wurde bald und gut zu Ende gebracht. Wer hätte mir damals in der Kirche gesagt, daß der Mann jener Frau bald in die Hauptstadt befördert werden und mir fiir solche geringe Höflichkeit ein zehnfacher Vergelter sein würde? Kurz, Höflichkeit macht Edelmann und Bürger, jung und alt, Mann und Weib beliebt. Wer's besser wissen will, versuche es mit der Unhöflich- keit. Er wird wohl sehen, wie weit er kommt. Nach Weber. 34. Zustand. Höflichkeit ist äußerlich, Doch sie muß von innen rühren; Harmonie ist innerlich, Aber muß das Äußre zieren. Nur durch Klugheit sich gewinnen Kann der Mensch das Doppelfcld, Daß er rein gestimmt ist innen Und nach außen auch gefällt. Dräxler-Manfred. Anstand nennen wir das schickliche Benehmen in allen Verhältnissen des Lebens, namentlich in gesellschaftlichen Beziehungen. Der Anstand muß auf sittlicher Grundlage beruhen und nicht zu einem mechanischen Nachäffen von Förmlichkeiten herabsinken. Der wahrhaft Höfliche ist immer bescheiden und vermeidet sich vor- zudrängen und glänzen zu wollen; fern ist ihm daher ein anmaßender Ton, eine herausfordernde Sprache, eine Unterhaltung, die sich nur um seine Person dreht. In achtungsvoller Bescheidenheit, in zuvorkommender Dienstfertigkeit, Die Höflichkeit ist für den Geist, Was die Anmut für das Gesicht ist; Von der Güte des Herzens ist sie das liebliche Bild Und die Giite ist es, die man liebt.

8. Deutsches Lesebuch für kaufmännische Fortbildungsschulen und verwandte Anstalten - S. 40

1905 - München [u.a.] : Oldenbourg
40 34. Anstand. zerrauften Haaren oder schmutzigen Kleidern und Schuhen in ein Zimmer streife deine Schuhe vor der Türe sorgfältig ab und schüttle den Schnee oder die Regentropfen von deinen Kleidern! Trägst du einen Schirm oder Stock, so laß ihn vor der Türe stehen oder stelle ihn in den Schirmständer! Bevor du ein Zimmer betrittst, klopfe an die Türe und erwarte die Erlaubnis zuni Eintritt! Klopfe nie schnell nacheinander, sondern warte, wenn dir das erste Mal nicht geantwortet wurde, eine Weile, ehe bu zum zweiten Male klopfst! Ist dir der Eintritt bewilligt, so öffne langsam die Türe, grüße die anwesenden Personen und bleibe so lange in der Nähe der Türe stehen, bis dir ein an- derer Platz angewiesen wird! Ist dies geschehen, so betrachte nicht neugierigen Auges Bilder und Einrichtung des Zimmers! Findest du geöffnete Briefe oder Bücher, so hüte dich einen Einblick in dieselben zu tun! Mit den Fingern aus dem Tisch, an den Fenstern u. s. w. §u trommeln ist unartig. Wenn du mit jemand sprichst, so sieh nicht auf die Seite! Sehr unziemlich ist es, beim Sprechen jemand zu berühren, den Angesprochenen beim Rocke zu fassen oder in Gesellschaft aus jemand zu deuten. Ebenso schickt es sich nicht, fort- während auf die Uhr zu sehen, als sei man ungeduldig fortzukommen. Begibst du dich zu einer hochgestellten Persönlichkeit in das Zimmer, so schließe die Türe nach rückwärts, d. h. so, daß du gegen die Persönlichkeit gewendet bist! Verneige dtch und bleibe dann ruhig stehen, bis du aufge- fordert wirft zu sprechen! Nach Beendigung der Unterredung suche zur Türe hinauszugehen, indem du stets gegen die Persönlichkeit gewendet bleibst! Vergiß nicht, noch im Innern des Zimmers eine Verbeugung zu machen! Bei gleichzeitigem Verlassen des Zimmers gewähre Höhergestellten und Frauen den Vortritt! Der Hausherr verläßt zuletzt das Zimmer. Höchst unschicklich ist es, mit einer Zigarre im Mund in ein fremdes Zimmer zu gehen. Bei vornehmem Besuche schickt es sich auch nicht, den Besuch mit der Zigarre im Mund zu empfangen. In Gesellschaft mit ein- zelnen Personen zu flüstern oder jemand in seiner Rede zu unterbrechen, ist unanständig. Nase, Ohren oder Fingernägel reinigt mau nie angesichts fremder Per- sonen. Man spucke nie auf den Boden; ist ein Spucknapf nicht vorhanden, so benutzt man das Taschentuch. Beim Niesen oder Husten wende dich abseits und halte die Hand oder das Taschentuch vor den Mnnd oder die Nase! Iv. Bei Tische. „Nach der Art, wie du wirst essen. Wird das Urteil dir gemessen." „.........Am Tisch bescheiden, Mit dem Trinkhorn, mit der Rede. Weber. Bist du irgendwo als Gast geladen, so komme nicht zu spät zum Essen! 'Auch am häuslichen Tische triff nicht zu spät ein! Wie jenes dem Haus- herrn und den übrigen Gästen, so ist dieses deiner Familie gegenüber eine

9. Deutsches Lesebuch für kaufmännische Fortbildungsschulen und verwandte Anstalten - S. I

1905 - München [u.a.] : Oldenbourg
Deutsches Lesebuch für Rüusmnnijge Isktsil-unggulm und verwandle Anstalten. herausgegeben von v. toeßl, A. F. Rohme-er, vr. Lr. Zwerger. Der Zweck der Arbeit soll das Gemeinwohl sein;^ dann bringt Arbeit Segen, dann ist Arbeit Gebetn Alfred Lrupp. Vierte verbesserte Auflage. München und Berlin. Druck und Verlag von R. Gldenbourg. Abteilung für Schulbücher.

10. Deutsches Lesebuch für kaufmännische Fortbildungsschulen und verwandte Anstalten - S. III

1905 - München [u.a.] : Oldenbourg
Vorwort zur zweiten Auflage ^)ie rasche Verbreitung unsres „Deutschen Lesebuches" m fast allen deutschen Staaten und über die politischen Grenzen Deutschlands hinaus sowie die äußerst günstigen Beurteilungen desselben in vielen Fachzeitschriften sind erfreuliche Zeichen dafür, daß das Lesebuch einem wirklichen Bedürfnis entgegengekommen ist und daß unsere Anschauungen über die Einrichtung eines derartigen Lesebuches von vielen Herren Amtsgenossen und Kaufleuten geteilt werden. Daher haben wir auch in der Anlage und dem Aufbau desselben nichts geändert, wohl aber sämtliche Lesestücke einer sorgfältigen Prüfung, und Verbesserung, besonders auch mit Rücksicht auf die stetige Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse und der Gesetzgebung unterzogen und einige Lesestücke der ersten Auflage durch andere zeitgemäßere ersetzt. Wir geben uns der Hoffnung hin, es möge auch in dieser Neubearbeitung unser Streben, die kaufmännische Jugend zu guten und tüchtigen Menschen zu erziehen und sie in ihrem Berufe zu fördern, einigermaßen gelungen sein. Allen Gönnern und Förderern unsres Lesebuches sprechen wir den wärmsten Dank aus. Anregungen zu Änderungen und Verbesserungen werden wir stets dankbarst willkommen heißen. Damit unser Buch auch in kaufmännischen Bildungsanstalten für die weibliche Jugend noch weitere Einführung finden kann, so ist in einer Sonderausgabe demselben ein Ergänzungsheft beigegeben worden, welches die abweichenden Bedürfnisse von kaufmännischen Mädchen- schulen in ausgiebiger Weise berücksichtigt. München und Ludwigshafen a. Rh. im März 1901. Die Herausgeber.
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